Die Geschichte der Stichsäge
Eine Stichsäge ist heute aus keiner Werkstatt mehr wegzudenken. Das schmale, einseitig geführte Sägeblatt wird zum Ausschneiden runder oder geschwungener Formen oder auch zum Erweitern von Öffnungen benutzt. Mit einer Stichsäge können verschiedene Materialien bearbeitet werden. Es ist heute kaum vorstellbar, dass die Stichsäge erst vor etwas mehr als 70 Jahren erfunden wurde.
Wer ist der Erfinder?
Die heute in der ganzen Welt eingesetzte Stichsäge wurde von den Schweizer Tüftler Albert Kaufmann erfunden. Herr Kaufmann war damals Angestellter der Solothurner Firma Scintilla AG (heute ein Teil der Bosch-Gruppe). Im Zuge der Neuausrichtung durch die Kriegwirren baute die Firma Drehbänke. Als Zubehör wollten die Ingenieure eigentlich eine Dekupiersäge entwickeln, waren aber mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Sie glaubten, es wäre besser wenn das Sägeblatt nur einseitig (fliegend) befestigt wäre.
Selbst in der Freizeit beschäftigte Albert Kaufmann sich mit dem Gedanken. Die Erleuchtung kam ihm eines Tages, als er seiner Frau beim Nähen mit der Nähmaschine zusah. Das war genau, was er suchte! Er ersetzte die Nähnadel durch ein einseitiges Sägeblatt und die Stichsäge war erfunden. Er nahm die umgebaute Nähmaschine in die Firma und zeigte seine Erfindung herum.
Sie stieß auf allgemeine Begeisterung. Im Jahr 1944 wurde beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum unter der Nummer 248.587 die Stichsäge zum Patent angemeldet. Ihr Grundprinzip trifft bis heute auf alle Stichsägen zu: Ein Handgerät ist mit einem Motor ausgestattet, das ein Werkzeug (Sägeblatt) auf und ab bewegt. Nur ein Jahr später stellte Scintilla 30 Stichsägen her und auf der Basler Mustermesse 1947 wurde die erste industriell gefertigte Stichsäge mit der Bezeichnung „Lesto“ der Öffentlichkeit präsentiert. Noch im selben Jahr begann die Serienfertigung und 1.400 der neuartigen Werkzeuge wurden produziert. Von dem Zeitpunkt an war der Siegeszug der Stichsäge nicht mehr aufzuhalten.
Wie ging die Entwicklung weiter?
Für 6 Jahre blieb die Stichsäge konkurrenzlos. Dann entwickelten amerikanische Firmen eine Stichsäge, bei der das Sägeblatt sich nicht nur auf und ab bewegen, sondern auch hin und her bewegen konnte. Das sollte die Schnittgeschwindigkeit verbessern und den Spanauswurf erleichtern. Die Ingenieure von Scintilla untersuchten 1960 das Konkurrenzprodukte und erkannten bald seine Schwächen. Bei dünnen Material oder sehr feinen Schnitten waren die amerikanischen Sägen ungenau und zudem nicht robust genug. Wieder trat Albert Kaufmann in Erscheinung. Er entwickelte ein Modell, bei dem die Pendelbewegung wahlweise ein- oder ausgeschaltet werden konnte. Zusätzlich konnte die Geschwindigkeit des Sägeblatts verändert werden. Bis heute gehören die Pendelhubstichsägen mit variabler Geschwindigkeit zu den beliebtesten Werkzeugen der Schreiner. Scintilla (heute Bosch) entwickelt die Stichsäge ständig weiter und stellt jährlich weit mehr als 500.000 Stück her.
Was gehört zur Ausstattung einer modernen Stichsäge?
Bei der Bauform gibt es 2 Varianten:
- Bügelgriff
- Knaufgriff
Der Bügelgriff ist die klassische Bauform. Er wird von Heimwerkern bevorzugt, weil mit ihm die Säge sicher in der Hand liegt. Profis bevorzugen den Knaufgriff. Damit können sie enger am Material arbeiten und freie Kurvenschnitte sägen.
Stichsägen gibt es heute mit Netzbetrieb und Akku. Geräte mit Netzbetrieb sind ideal für die Werkstatt geeignet. Stichsägen mit Akku lassen sich auch im Wochenendhaus oder überall dort einsetzen, wo es keinen Netzstrom gibt.
Zur Standardausstattung einer hochwertigen Stichsäge gehört heute unter anderem:
- elektronische Hubzahlregulierung
- Arbeitsleuchte zur Ausleuchtung der Schnittlinie
- schwenkbare Fussplatte für Gehrungsschnitte
- Anschluss für Staubabsaugung
- Spanreissschutz
Einige Modelle verfügen sogar über einen integrierten Laser, mit dessen Hilfe Schnittlinien auf das Werkstück projiziert werden können.
Einige bekannte Hersteller von Stichsägen
Zu den beliebtesten Modellen gehören Stichsägen von Bosch. Zum Angebot gehören mehr als 90 verschiedene Geräte. Bosch stellt sowohl blaue Geräte für Profis als auch grüne Geräte für Heimwerker her.
Auch der japanische Hersteller Makita wartet mit mehr als 90 Geräten auf. Deren Qualität ist mit der von Bosch vergleichbar. Weitere bekannte Hersteller sind die Marken Metabo und Festool. Letzterer hat sich auf die Produktion von Stichsägen für Holz spezialisiert.
Zusammenfassung
Als der Schweizer Albert Kaufmann vor mehr als 70 Jahren seine Stichsäge präsentierte, ahnte er wahrscheinlich nicht, dass dieses Werkzeug bald zur Grundausstattung unzähliger Werkstätten auf der ganzen Welt gehören würde. Scintilla, bei der Albert Kaufmann arbeitete, wurde von Bosch übernommen und arbeitete ständig an der Verbesserung der Geräte. Bis heute gehört Bosch zu den weltweit führenden Herstellern von Stichsägen.